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Binger Professor löst Rätsel der Mathematik – und fast keiner merkt es

Er fand eine einfache Lösung für einen schwierigen Beweis in der Statistik und veröffentlichte seine Lösung. Doch erst drei Jahre später erkennt die Fachwelt, dass der pensionierte Professor der TH Bingen ein jahrzehntealtes Rätsel gelöst hat. Mehr von Prof. Thomas Royen im exklusiven Youtube-Video.

„Ich habe ja genug Zeit, mich mit schwierigen mathematischen Problemen zu beschäftigen“, sagt Prof. Thomas Royen, der bis 2010 an der Technischen Hochschule (TH) Bingen gelehrt hat. Für ein <link https: www.youtube.com user hochschulebingen>Video-Interview kehrte er an seine alte Wirkungsstätte zurück. Im Ruhestand hat er ein wichtiges Rätsel der Wahrscheinlichkeitsrechnung gelöst, über das sich viele Mathematiker jahrzehntelang die Köpfe zerbrochen haben: Er hat die sogenannte Gaußsche Korrelationsungleichung bewiesen. Der entscheidende Dreh kam ihm morgens beim Zähneputzen und bereits am Abend war der Beweis fast vollständig erbracht. „Die Gaußsche Korrelationsungleichung ist aus drei Gründen in Fachkreisen berühmt: Sie hilft bei vielen Fragen der Wahrscheinlichkeitstheorie weiter, sie kann statistische Testverfahren verbessern und vor allem – sie hat fast sechzig Jahre hartnäckig allen Beweisversuchen widerstanden.“ Seit einem Artikel in der freien wissenschaftlichen Online-Publikation „<link https: www.quantamagazine.org>Quanta Magazine“ Anfang der Woche geht sein Erfolg nun durch die internationale Presse. Dabei liegt die Veröffentlichung der Lösung bereits drei Jahre zurück. Und obwohl er seinen Beweis Experten zuschickte und auf dem freien Online-Portal <link https: arxiv.org pdf>arxiv.org veröffentlichte – er blieb weitgehend unbeachtet. So entschied sich Royen, ihn in dem kleinen indischen Journal „Far East Journal of Theoretical Statistics“ zu publizieren – und auch die TH Bingen berichtete bereits 2015 darüber. Die Fachwelt schüttelt nun den Kopf darüber, wie in Zeiten der Digitalisierung und unbegrenzter Kommunikation ein solcher Durchbruch übersehen werden konnte. Möglicherweise hatten bereits zu viele falsche Beweise die Runde gemacht und vielleicht fehlte schlichtweg das Zutrauen in einen Professor aus einem kleinen Städtchen am Rhein. „Letztlich war es mir einfach nicht mehr wichtig, dass ein Top-Journal die Lösung veröffentlicht“, erklärt Prof. Royen, „aber ich wollte es dennoch als meine Idee publizieren. Ich brauche für meine Karriere keine hochrangigen Zeitschriften mehr, für mich ist das ja eigentlich nur ein Hobby“, stellt er klar. Verständlich, denn bis zu einer Veröffentlichung in einem vielzitierten Magazin drehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler oft viele Runden mit Gutachtern. „Natürlich ist der Gutachterprozess sehr wichtig. Ich habe während meiner aktiven Zeit auch viel publiziert, kenne das Vorgehen und schätze die Arbeit sehr. Aber inzwischen publiziere ich meine Ergebnisse einfach frei zugänglich im Internet auf arxiv.org. Das ist für mich am bequemsten.“

Bei der von ihm bewiesenen Gaußschen Korrelationsungleichung geht es um statistische Verteilungen, die nach dem Mathematiker Carl Friedrich Gauß benannt sind. Diese kann man sich in nur zwei Dimensionen relativ einfach vorstellen: Würden Sie einen Kreis vor ein Rechteck hängen und mit Pfeilen darauf zielen, würden Sie wahrscheinlich selten genau ins Zentrum des Kreises treffen – das kennen die meisten vom Dart-Spielen. Die Mehrzahl der Pfeile würden sich um den Mittelpunkt auf der Scheibe streuen und einige auch das Rechteck treffen. Die Gaußsche Korrelationsungleichung besagt dabei etwas über das Verhältnis der Wahrscheinlichkeiten aus: P ist die Wahrscheinlichkeit, die Fläche zu treffen, in der Kreis und Rechteck aufeinanderliegen. Diese Wahrschenlichkeit P ist mindestens genau so groß wie das Produkt, das man erhält, wenn man die Wahrscheinlichkeiten multipliziert, jeweils nur das Rechteck oder nur den Kreis zu treffen (siehe auch Grafik unter <link https: www.quantamagazine.org>Quanta Magazine). Zu beweisen war nun, dass eine allgemeinere Form der Ungleichung in beliebig hoher Dimension ebenfalls zutrifft. Das Erstaunliche an seinem Beweis ist, das er die Lösung relativ einfach herbei geführt hat. „Sogar Studierende der Statistik in mittleren Semestern könnten diesen Beweis binnen einer Stunde nachvollziehen.“ Vielleicht ist es gerade die praxisorientierte unverstellte Sicht eines Fachhochschul-Professors, die ihm die Lösung bescherte.

Das aktuelle Video mit Prof. Thomas Royen:<link https: www.youtube.com user hochschulebingen>

www.youtube.com/user/hochschulebingen

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