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17.11.2015: Trotz schrumpfender Regionen bleibt der Flächenbedarf

Workshop an der FH Bingen beleuchtete demografische Entwicklung und Veränderungen der Landnutzung in Rheinland-Pfalz

Die demografische Entwicklung allein begründet keine markante Veränderung der Landnutzung in ländlichen Regionen. Der prognostizierte Trend zur Bevölkerungsentwicklung wird keine großflächige Verschiebung der Flächenutzung in Rheinland-Pfalz bewirken. Forschung zu auslösenden Faktoren von Nutzungsveränderung, zu deren regionaler Intensität sowie zur Akzeptanz des Wandels lokaler Kulturlandschaften muss fortgeführt werden. So lässt sich im Kern das Ergebnis des Workshops „Auswirkungen der Bevölkerungsentwicklung auf die Flächennutzung in Rheinland-Pfalz“ an der FH Bingen im Rahmen der landesweiten Demografiewoche zusammenfassen. Experten aus Wissenschaft und Landesregierung hatten das Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet und diskutierten mit den Gästen. Lediglich lokal sind nach Aussage von Professorin Elke Hietel Nutzungsänderungen zu erwartet: „Dünn besiedelte ländliche Räume in ungünstiger Lage trifft Bevölkerungsrückgang und Alterung am stärksten. Indikatoren für Landnutzungswandel sind insbesondere Höhe, Hangneigung und Bodenart, zeigten beispielsweise Untersuchungen im Lahn-Dill-Bergland. Verstärkend wirken soziökonomische Faktoren.“ Festgestellt wurde Verbrachung besonders in dünn besiedelten ländlichen Gebieten, wo viele Nebenerwerbsbetriebe, viele Berufpendler und ungünstige geologische Faktoren zusammen träfen, so die Landschaftsökologin. „Die Demografie ist hier nur ein Einflussfaktor von vielen, beeinflusst jedoch lokal das Ausmaß von Extensivierung und Verbrachung.“ Hilfe zur Erarbeitung von Managementkonzepten für eine nachhaltige Sicherung der Funktionen von Kulturlandschaften böten bestimmte Indikatoren, die das Risiko für hohen Nutzungswandel in Regionen identifizieren, bietet Dr. Hietel Entscheidungshilfe an.

Das Gefühl versorgt zu sein, sei der Grund, der Menschen stärker in die Städte zöge, konstatierte Professor Rolo Fütterer von der Hochschule Kaiserslautern. Langfristig sehe er schrumpfenden Bedarf an ländlichen Siedlungsflächen. „Brauchen wir das Dorf im traditionellen Sinn, oder wie sieht das Dorf der Zukunft aus“, fragte er in die Runde. Bevölkerungsverluste verzeichneten weiterhin einige Landkreise im ländlichen Raum bei gleichzeitg leicht ansteigenden Bevölkerungszahlen in Rheinland-Pfalz insgesamt, bestätigte Andrea Lagemann, Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung. Das im Rahmen der Regionalplanung in Rheinland-Pfalz praktizierte Raummonitoring zur Bewertung von Siedlungsflächen errechne große Entwicklungspotenziale im Innenbereich der Kommunen. Deshalb rücke zunehmend die Innenentwicklung der Kommunen in den Fokus. Und das bedeute für die Kommunalpolitik ein Umdenken hin zu einer ganzheitlichen und verantwortungsvollen Flächenplanung.

Von Pluralisierung der Lebensstile bei gleichzeitig alternder und schrumpfender Bevölkerung berichtete Dr. Stefan Fina vom Institut für Raumordnung und Entwicklungsplanung der Universität Stuttgart und richtete den Blick auf die Kostenverteilung der Infrastruktur. Bei sinkender Bevölkerung nehmen die Kosten für die Erhaltung der Infrastruktur, wie Straßen, Energieversorgungs- und Abwassersysteme, zu. Sie verteilen sich auf immer weniger Nutzer. Er plädierte für die Stadt der kurzen Wege, für fußläufige Erreichbarkeit von Nahversorgungs- und Mobilitätsangeboten. In Dörfern sei perspektvische Erhebung zur Alters- und Infrastruktur, zur Nahversorgung sinnvoll für die Bewertung der Entwicklungsmöglichkeiten. Hemmnisse zur Aktivierung der Innenpotenziale sollten gelockert werden. Beispiele sind hohe Anforderungen im Brand- und Denkmalschutz und beim Stellplatzangebot. „Bauordnungsrechtliche Erleichterungen eröffnen hier bessere Möglichkeiten zur Innenentwicklung“, sagte Fina.

„Ein Zusammenhang zwischen Bevölkerungsentwicklung und Veränderung der Landnutzung ist nicht feststellbar“, fasste Dr. Jens Hoffmann, Hochschule Neubrandenburg, Ergebnisse von Literaturstudien zusammen. Verbleibende Betriebe übernehmen freie landwirtschaftliche Flächen. In schrumpfenden Regionen sind vielfach agrar- und energiepolitische Maßnahmen Treiber der Landnutzung. Ein völliger Verzicht auf Flächeninanspruchnahme und Infrastruktureinrichtungen sei nicht feststellbar. Somit entstünden auch keine großflächigen Optionen für mehr Naturschutz, so Hoffmann.

Ludger Nuphaus vom Intitut IESAR der FH stellte den ökologischen Fußabdruck als ein Berechnungsinstrument der Fläche vor, die durchschnittlich je Einwohner für alle seine nötigen Ressourcen für Konsum und Lebensstandard und deren unschädlichen Entsorgung beansprucht wird. Veranschaulicht werden damit Wechselwirkungen zwischen Produktions- und Konsumaktivitäten und der Belastungen von Ökosystemen. Der Umweltingenieur schilderte den Einfluss von Effizienzentwicklung in der landwirtschaftlichen Produktion und der Flächeninanspruchnahme im Land auf den ökologischen Fußabdruck. „Um den ökologischen Fußabdruck nachhaltig zu senken, wären stärkere Innenentwicklung, Mobilisierung des Flächenpotenzials im Bestand und ein aktives Flächenmanagement wünschenswert“, regte er abschließend an.

Kontakt:
FH Bingen
Ludger Nuphaus
nuphaus(at)fh-bingen.de
Tel.: 06721/409 814 

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